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Weltzeituhr Berlin: Niemand hat die Absicht, die Zeitumstellung einzuführen

Hilfe, geht etwa die Weltzeituhr falsch? Wer aktuell unter den derzeit 146 Städten auf der Rotunde Berlin sucht, stellt schnell fest, dass der Stundenring, der alle 24 Zeitzonen durchläuft. etwa eine Stunde nachgeht. Das bedeutet, dass die Uhrzeit, die der nach der Farbenlehre Goethes gestaltete Ring anzeigt, gar nicht mit der in der Hauptstadt geltenden Uhrzeit übereinstimmt. Wie kann das sein? Hat etwa die Bezirksverwaltung vergessen, die Uhr zu stellen?

 

Die Lösung ist ganz einfach: Als die Uhr im September 1969 kurz vor den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der DDR als "Urania Säule" mit Uhr aufgestellt wurde, konnte noch niemand wissen, dass auch in der Planwirtschaft einmal die Sommerzeit eingeführt werden wird. Die Zeitumstellung wurde in den 70'er Jahren vor allem im Westen als Reaktion auf die Ölkrise und unter der Ägide des Energiesparens diskutiert und europaweit uneinheitlich eingeführt. Da war die Weltzeituhr aber bereits gebaut. Nun hätte man natürlich für die anfänglich 80 Städtenamen immer wieder aktuell die Gravur ändern können. Einfacher ist es jedoch, man lässt den Stundenring einfach weiterlaufen und nimmt dabei in Kauf, dass er, anders als die vier Ziffernblätter an der Säule der Uhr, immer korrekt die Mitteleuropäische Normalzeit ohne Sommerzeit anzeigt. Der Stundenring geht also ein halbes Jahr lang falsch. 

 

Die DDR wollte die Zeitumstellung zunächst gar nicht mitmachen. Während die Bundesrepublik unter den Eindruck der Ölkrise immerzu drängelte, andererseits aber auf eine gesamtdeutsche Lösung nicht verzichten wollte, stellte sich Ost-Berlin lange Zeit taub. Doch dann die Überraschung: Ohne den Westen vorher in Kenntnis zu setzen, preschte die DDR im Sommer 1979 vor und kündigte für das Frühjahr 1980 die Zeitumstellung an. Bis die Bunderepublik darauf ebenfalls mit einem Gesetz zur Zeitumstellung reagiert hatte, war es bereits Herbst. Das führte dazu, dass die Bundesbahn 1979 ihre Fahrpläne für 1980 ohne Sommerzeit bereits in Druck gegeben hatte. Zeitgleich führten dann beide Länder am 6. April 1980 die Sommerzeit ein.

 

Die DDR lobte die Sommerzeit Anfang 1980 über den grünen Klee, um dann wiederum im Herbst 1980 überraschend zu verkünden, die Sommerzeit brächte neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Folge überhaupt nichts und müsse deshalb im kommenden Jahr wieder abgeschafft werden. Im Westen gab es aber im Herbst 1980 Wahlen, und die CDU machte gegen die amtierende SPD-Regierung unter Helmut Schmidt unter anderem auch mit dem Thema "Zeitumstellung" Wahlkampf. Doch Bundeskanzler Helmut Schmidt gewann die Wahl. Eine der ersten Entscheidungen der wiedergewählten Bundesregierung war die Beibehaltung der Sommerzeit.

 

Beinahe also wäre es auch auf dem Ziffernblatt zu einer Teilung des Landes gekommen und Berlin hätte jeweils ein halbes Jahr lang in zwei Zeitzonen gelegen. Auf der einen Seite der Mauer wäre es somit eine Stunde später als auf der anderen gewesen. Das währe für Zollstationen, Schleusenwärter und auch für die Bahnstationen des innerdeutschen Transitverkehrs eine Herausforderung gewesen. Während die Bahnhofsuhr in Westberlin zwölf geschlagen hätte, hätten die Zeiger auf dem Alexanderplatz erst auf elf Uhr gestanden. Doch dann entschieden sich Ende 1980 die sozialistischen Bruderländer Polen und die Tschechoslowakei ebenfalls für die Sommerzeit und auch der große Bruder, die UdSSR, plante die Zeitumstellung. Nun konnten die Genossen nicht mehr nein sagen und beschlossen im Dezember 1980 die Umstellung der Uhren nun doch. Die Weltzeituhr zeigt sich von all dem unbeeindruckt und seit eh und jeh die mitteleuropäische Normalzeit ohne den Sommer. 

 

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